Juni 2012

Ju-52/3m Flug

Die Ju-52 gehörte für viele Jahrzehnte zum festen Bestandteil des Schweizer Fliegergeschehens und war bei schönem Wetter sehr regelmässig und überall zu sehen. Ich wuchs mit diesem Bild auf, und es schien mir völlig normal, dass wir in der Schweiz diese Junkers-Maschinen am Himmel hatten. Erst viel später wurde mir klar, dass diese Flotte eine weltweit einzigartige Attraktion war. Nur ein einziger weiterer Oldtimer flog noch in Deutschland, und jener war zudem nicht mit den originalen BMW-Motoren ausgestattet.

Ich muss zugeben, dass ich nie eine besondere Begeisterung für diesen Wellblechflieger entwickelen konnte. Optisch sah das Flugzeug für mich immer ein wenig zu kastenförmig aus. Der zweite Motor an der Nase wollte irgendwie nicht so recht dorthin passen, und das extrem klobige Fahrwerk war zudem nicht einmal einziehbar. Da gefällt mir eine DC-3 entschieden besser. Nichtsdestotrotz ist das Flugzeug mit seiner Entwicklungsgeschichte und seinen Einsatzmöglichkeiten sehr interessant und deshalb eine echte Bereicherung am Schweizer Himmel. Vermutlich war es wohl vor allem das historische Interesse, das den Wunsch in mir weckte, einmal einen Rundflug mit der „Tante Ju“ durchzuführen. Tatsächlich war ich zuvor noch nie mit einem Oldtimer geflogen. Da mich aber eher die moderneren Flugzeuge interessieren, war dies bis Dato auch keine allzu grosse Lücke auf meiner „To-Do-Wunsch-Liste“.

Als aber langsam Stimmen aufkamen, dass die Flugerlaubnis dieser unterdessen sehr betagten Maschinen eingeschränkt werden sollte, wurde mir klar, dass auch dieses Highlight ein Verfalldatum hatte, und wenn ich einmal mit der Junker fliegen wollte, ich dies besser früher als später tun sollte. Tatsächlich schien es so, als wäre ich nicht der Einzige mit diesem Gedanken gewesen, denn als ich im Winter 2010 ein Ticket organisierte, dachte ich wirklich nicht, dass der Flug erst anderthalb Jahre später, im Sommer 2012, durchgeführt werden sollte.

Mit dem Oldtimer durch die Schweiz

Als ich am Morgen am Flugplatz Dübendorf eintraf, sah es nicht so aus, als ob der Flug auch stattfinden würde. Die Strassen waren vom Regen noch nass und es hingen tiefe, dichte Wolken am Himmel. Nicht die ideale Voraussetzung für einen Alpenrundflug… Glücklicherweise lichtete sich die Wolken aber zusehends, und als wir in die HB-HOY einstiegen, zierten noch einige Quellwolken den ansonsten blauen Himmel.

Als wir starteten, flogen wir entlang des Pfäffikersees Richtung Osten und stiegen dabei auf die Basishöhe der Wolken. Beim Obersee schwenkten wir Richtung Süden ein und flogen Richtung Zentralschweiz. Wir passierten den Grossen Mythen so nahe, dass man die Gäste auf dem Bergrestaurant zählen konnte. Jeder Passagier durfte zudem einen Besuch im Cockpit abstatten. Die grosszügig verglaste Front ermöglicht eine hervorragende Sicht, und vor mir und den Piloten präsentierten sich die Schweizer Alpen in ihrer schönsten Pracht.

Eine Ehrenrunde um die markante Rigi durfte auch nicht fehlen. Dort hatten wir aber eine wesentlich grössere Distanz zum Berg als zuvor bei den Mythen. Leider ging es dann schon bald wieder Richtung Dübendorf zurück. Auf Höhe Horgen überquerten wir den Zürichsee. Ich war erstaunt, wie zugebaut die ganze Küste war. Obwohl ich zu jener Zeit in Wollishofen wohnte, war mir erst mit dem Blick aus der Luft klar geworden, wie hoch unsere Bevölkerungsdichte unterdessen geworden ist. Um den ganzen See liegt ein grauer, zugemauerter Betongürtel.

Ju-52 HB-HOY

Beim Landeanflug hatten wir ein wenig Seitenwind, was die Piloten mit dem Korrigieren der Fluglage Richtung Norden ein wenig ausgleichen mussten. Dadurch erhielt ich einen freien Blick zur Landebahn, obwohl ich auf der linken Seite sass. Diese Anflugprozedur ist im Prinzip nichts besonderes und ist mir bestens bekannt, aber ich glaube, ich hatte es bis dahin noch nie so eindrücklich aus dieser Perspektive sehen dürfen.

Ein witziges Detail der Ju-52 ist, dass sich die Spritanzeige ausserhalb des Flugzeugs bei der Motorengondel in der Tragfläche befindet. Als wir starteten, hatte die Anzeige 500 Liter, bei der Landung noch knapp 400 Liter angezeigt. Das heisst, wenn das Kerosin von beiden Tanks in den Tragflächen gleichmässig verbraucht wird - und davon gehe ich aus - dann hatte unser 45-Minuten-Flug etwas mehr als 200 Liter Brennstoff verbraucht. Für einen Flugzeugentwurf, der zu jenem Zeitpunkt 80 Jahre alt war, ist das kein schlechter Wert, würde ich meinen.

Es wurde alles in allem ein ruhiger und gemütlicher Schönwetter-Rundflug, den ich sehr genoss. Ich bin froh, dass ich ihn absolvieren durfte, besonders da die Flüge bereits sechs Jahre später eingestellt wurden und diese Oldtimer seither nicht mehr an unserem Himmel zu sehen sind. Auch hier ist es leider so, dass alles seine Zeit hat und irgendwann einmal zu Ende geht. In meiner etwas wehmütigen Erinnerung fliegt die Ju jedoch noch lange weiter und ich denke, dass es vielen anderen auch so geht.